Mediale Netzwerke im „türkischen“ Neolithikum
Zugegeben: Über Facebook und Twitter haben sich die Menschen im 9. Jahrhundert v. Chr. sicher nicht verständigt. Aber in seinem spannenden Vortrag „Das Geheimnis von Göbekli Tepe, einer frühneolithischen Grabung in der Südosttürkei“ erläuterte Prof. Dr. Ludwig Morenz vom Ägyptologischen Seminar der Universität Bonn aktuelle Thesen zur Entwicklung von Bild und Schrift im Frühneolithikum.
Die DTG hatte zu seinem Vortrag am Mittwoch, den 11. März 2015 in den Hörsaal des Akademischen Kunstmuseums Bonn eingeladen und war sehr erfreut darüber, dass der altehrwürdige Hörsaal durch die zahlreich erschienen interessierten Besucher gut gefüllt war.
Archäologisch interessierte Besucher von Göbekli Tepe nahe der ostanatolischen Stadt Urfa (auch bekannt als Şanlıurfa) steht staunend vor dem Mega-Heiligtum, das der „Bauchige Berg“ auf seiner Höhe bisher freigegeben hat, und staunend betrachtet er die geheimnisvollen Tierbilder und abstrakt wirkenden Bildzeichen, die die flachen, in Kreisen angeordneten Steinstelen überziehen wie reliefartige Tattoos einen Körper.
In seinem Vortrag hatte Professor Morenz uns in Geheimnisse des frühen Neolithikums eingeweiht, eines Zeitalters, dem Nachrichtenübermittlung über Zeit und Raum hinweg keineswegs unmöglich war, und das von Anfang an über ein System von Symbolen, über mediale Netzwerke und über die Fähigkeit verfügte, ein kulturelles Gedächtnis zu bilden und zu bewahren. Warum er im Zeichensystem von Göbekli Tepe sogar das fehlende Bindeglied zwischen Bild und Schrift erkennt, und wie wir uns den Sprung in eine neue mediale Welt von damals vorzustellen haben, darüber hatte Professor Morenz in seinem kenntnisreichen Vortrag Auskunft gegeben. Außerdem wurde das sakrale Feld, in dem wir diese Entwicklung verorten können, skizziert. Aufgrund der Markierung mit graphischen „Namenstäfelchen“ können einige der frühen Pfeiler-Wesen aus Göbekli konkret als Gottheiten angesprochen werden, und diese historische Tiefe ist religionsgeschichtlich wahrlich sensationell.
Nach seinem Vortrag führte Professor Morenz noch eine Gruppe von besonders archäologisch Interessierten durch die Sammlung des Ägyptischen Museums der Universität Bonn.
Mehr über diese Vortragsveranstaltung erfahren Sie in der Veranstaltungsübersicht.
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